Florian Himmelstein ist Prüfer und Experte für Carbon Footprints und Klimaneutralität bei GUTcert und hat UNO INO drei Fragen zur Reduktion von CO2 Emissionen beantwortet.

UNO INO: Wie ist Nachhaltigkeit in Deiner Tätigkeit verankert?


Florian Himmelstein: Nachhaltigkeit ist der Kern meiner Tätigkeit. Das Thema Klimawandel und Treibhausgasbilanzierung als Teil der Nachhaltigkeit ist auch bei den meisten Unternehmen bereits auf der Agenda oder beschäftigt sie schon länger. Mit unseren Prüfungen zu Treibhausgasbilanzen und Klimaneutralität helfen wir Unternehmen, ihre Emissionen belastbar, korrekt und umfassend zu erheben und zu kommunizieren. Die Entwicklung der Thematik ist höchst dynamisch und spannend und führt häufig zu ertragreichen Diskussionen. Gerade auf Vorträgen und in Schulungen, bei denen ich gerne mein Wissen zur Treibhausgasbilanzierung und dem Themenkomplex Klimaneutralität teile, ergeben sich immer wieder spannendende Gesprächsrunden.

UNO INO: Welche Herausforderungen siehst du bei der CO2 Bilanzierung für den Mittelstand? Gibt es hier besondere Möglichkeiten?


Florian Himmelstein: Besonders herausfordernd ist zweifellos die rasante Dynamik, mit der sich die Thematik weiterentwickelt. Unternehmen müssen aktuelle Vorgaben und Berichtspflichten auf nationaler und internationaler Ebene verfolgen, nachvollziehen und auf diese reagieren. Die im November gestartete Bundesförderung für Transformationskonzepte (Modul 5) bietet beispielsweise eine tolle Chance für Unternehmen, ihre Treibhausgasbilanzen erstellen und verifizieren zu lassen. Auf Basis der Ergebnisse können dann Ziele und Maßnahmen abgeleitet werden. Bei den aufkommenden Kosten werden Unternehmen mit einem Fördersatz von bis zu 50 % (60 % für KMU) unterstützt. Auch stellt sich häufig die Frage, was überhaupt erfasst und auf welcher Grundlage bilanziert werden soll. Daher sollten sich Unternehmen zu allererst darüber klar werden, wie Sie sich ausrichten wollen. Soll der Fokus auf Nachhaltigkeit, Umwelt oder der Treibhausgasbilanzierung liegen? Und steht das Unternehmen selbst oder seine Produkte im Fokus? Zudem ist zu entscheiden, ob man für die Treibhausgasbilanzierung eher ISO Normen oder das Greenhouse Gas Protokoll als Grundlage wählt. Beide Standards sind gleichermaßen etabliert, wobei viele Initiativen wie CDP, SBTi oder GRI das Greenhouse Gas Protokoll als Grundlage verwenden oder darauf verweisen. Um diese Fragen zu beantworten, sollten sich Unternehmen mit ihren Stakeholdern (Kunden, Zulieferer, Branchenvorgaben,…) auseinandersetzen und die gegenseitigen Anforderungen und Ansprüche klären. Die Vielzahl der offenen Fragen ist für Unternehmen oft sehr verunsichernd. Wichtig ist es, zu identifizieren, was die Anforderungen an das eigene Unternehmen sind, daraus eine klare Zielsetzung im Prozess zu etablieren und diese stringent zu verfolgen.

UNO INO: In welchen Bereichen siehst du großes Potential, CO2-Emissionen zu reduzieren? 


Florian Himmelstein: Das lässt sich nicht so einfach sagen: Es kommt wohl primär auf den Bilanzrahmen an. Nimmt man den ganzen Bilanzrahmen über Scope 1, 2 und 3, ergibt sich in den allermeisten Unternehmen der größte Treibhausgasfußabdruck im Scope 3 – heißt, in den vor- und nachgelagerten Prozessen. Hier ist es wichtig, dass man in einen aktiven Dialog mit Zulieferern und Kunden einsteigt. Auch als Unternehmen ohne marktbeherrschende Stellung können so großartige Ergebnisse erzielt werden. Hier wird auch deutlich, dass sich eine umfassende Reduktion der Treibhausgase nur über eine gemeinsame Anstrengung entlang der kompletten Wertschöpfungsketten realisieren lässt. Im Einzelfall haben wir gemerkt, dass Unternehmen einerseits sehr individuell aufgebaut sind und auch hinsichtlich Energieeffizienz und weiterer Treibhausgasreduktionsmaßnahmen sehr unterschiedlich weit fortgeschritten sind. Das Reduktionspotential für das eigene Unternehmen erkennt man einfach am besten, indem man selbst eine solide Treibhausgasbilanz erstellt.

Vielen Dank für die spannenden Einblicke lieber Florian Himmelstein!