Kreislaufwirtschaft – Designstrategien und Geschäftsmodelle

Kreislaufwirtschaft ist das Neue Wirtschaften!

Wichtigste Merkmal der zirkulären Art zu Wirtschaften ist Ressourcennutzung im Kreislauf, mit Mehrwert für Umwelt, Mensch und Wirtschaft.

Die Gestaltung dieser Kreisläufe erfordert ein besonderes Systemverständnis und innovative Prozessabläufe.
Und Kreativität, so dass neue Branchen und eine neue Art von Arbeiten, entstehen können.

Die Chancen auf Zukunftsfähigkeit stehen gut für Unternehmen, die dabei die wichtige Rolle von Designstrategien und Geschäftsmodellen verstehen und den Mut haben, neue Wege zu gehen!

Unerschöpfliche Potentiale

Die Nutzung von Ressourcen und Materialien im Kreislauf bietet beinahe unerschöpfliche Wertschöpfungspotentiale.

Beschaffungsrisiken, Preisschwankungen und Lieferengpässe verringern sich. Durch die Wiedernutzung werden zusätzliche Werte generiert. Material- und Herstellungskosten werden aufgrund der Lebensdauer von Produktion reduziert. Durch Aufarbeitung entstehen neue Produkte, neue Mehrwerte.

Um kreative und innovative Ideen zu entwickeln, wie sich diese Potentiale in reale zirkuläre Produkte und Dienstleistungen umsetzen lassen, ist es hilfreich, sich inspirieren zu lassen und unser Mindset von „Linearwirtschaft“ auf „Kreislaufwirtschaft“ zu verändern.

Inspiration ist wichtig

Spannende Beispiele aus verschiedensten Branchen existieren bereits.

So stellt das amerikanische Unternehmen Ecovative aus Myzel-Pilzwurzeln und anderen landwirtschaftlichen Nebenprodukten umweltfreundliche, biologisch abbaubare Verpackungen her.

Im Bereich Mode gibt es innovative Modelle wie Leihservices für bestimmte Kleidungsstücke für eine festgelegte Dauer oder Reparaturangebote direkt vom Hersteller.
Sportschuhe, die aus recyclefähigen Materialien bestehen, aber ohne Klebstoffe produziert werden, so dass sie später zu neuen Schuhen aufgearbeitet werden können, hat Adidas entworfen.

Die Pasta-Marke Barilla kooperiert mit dem Papierhersteller Favini im Projekt „Cartacrusca“ und gewinnt aus der Verarbeitung von Weizen Kleiereste, welche nicht für den menschlichen Verzehr geeignet sind. Diese Reste werden zusammen mit Zellstoff zu Papier verarbeitet.

Aber auch in „klassischen“ Industriezweigen der Linearwirtschaft wie die der Automobilbranche ist zirkuläres Wirtschaften durchaus denkbar. So schafft Renault in Flins ein Zentrum für Kreislaufwirtschaft rund um die Mobilität (Re-FACTORY) mit dem Ziel einer negativen CO2-Bilanz bis 2030.

Im Anfang liegt der Erfolg

Was macht den Erfolg dieser Beispiele aus? Worauf kommt es in der Kreislaufwirtschaft an?

Ein Blick auf die Phasen eines Kreislaufes zeigt, dass Materialgewinnung, Produktion, Vertrieb, Nutzung, Nachnutzung (einschließlich Reparatur- oder Umarbeitungsprozessen) und Verwertung (Recycling bzw. Rohstoffrückgewinnung) abgestimmt werden müssen.
Hinzukommen Stoffströme, Produktionsweisen, Produktionsbedingungen und das Zusammenwirken von Herstellern und Dienstleistungsanbietern.

Um den Anforderungen der Kreislaufwirtschaft gerecht zu werden, sollten Ressourcenkreisläufen möglichst geschlossen werden („closing resource loops“), insbesondere also Materialien ohne Abfallanfall wiederverwendet werden. Dies funktioniert durch Nachnutzung und Verwertung im weitesten Sinne. So entsteht ein Kreislauf zwischen Produktlebensende (bisher „wegwerfen“) und Produktion.

Bei der Verlangsamung von Ressourcenkreisläufen („slowing resource loops“) wird durch die Gestaltung von langlebigen Gütern die Produktlebensdauer und die Nutzungsdauer von verlängert oder intensiviert.
Dies kann einen Beitrag zu weniger Ressourcenverbrauch leisten, wenngleich es keine reine Form der Kreislaufwirtschaft darstellt. Dennoch kann die zeitweilige Verlangsamung als Zwischenstufe bei der Transformation hin zu geschlossenen Kreisläufen dienen.

Erfolg wird also daran gemessen werden, ob all diese Mechanismen antizipiert und harmonisiert werden. Erfolg wird am Anfang gemacht: Bei den Designstrategien und Geschäftsmodellen.

Design zur Verlangsamung von Ressourcenkreisläufen

“Produktdesign für langlebige Produkte” kann einerseits für emotionale Langlebigkeit erfolgen. Es fokussiert dann auf einer emotionalen Bindung und vertrauen zwischen Kunden und Produkt.
Oder es zielt insbesondere auf physische Langlebigkeit ab. Dann wird das Produkt qualitativ hochwertig und für eine lange Lebensdauer konzipiert.

Davon unterschieden wird das „Produktdesign zur Verlängerung der Produktlebensdauer”. Hier wird der Designschwerpunkt auf die Verlängerung der Nutzungsdauer, Wartungs- und Reparaturfreundlichkeit, Aufrüstbarkeit und Anpassungsfähigkeit, Standardisierung und Kompatibilität oder auch auf Zerlegung und Wiederzusammenbau gelegt. Das Fairphone bietet zum Beispiel einzelne verbesserte Module zum Selbsteinbau an.

Design zur Schließung von Ressourcenkreisläufen

“Design für den technologischen Kreislauf” umfasst vor allem Gebrauchs- oder Dienstleistungsprodukte. Ziel ist es, Produkte so zu entwickeln, dass die Materialien („technische Nährstoffe“) kontinuierlich und sicher zu neuen Materialien oder Produkten recycelt werden können. Dabei muss die Qualität der Materialien mindestens gleichbleiben, es darf also kein „Downcycling“ erfolgen. Die Recyclefähigkeit muss bereits im Produktdesign berücksichtigt werden.

Das „Design für den biologischen Kreislauf”, bezieht sich insbesondere auf Verbrauchsprodukte. Diese müssen mit sicheren und gesunden Materialien („biologische Nährstoffe“) konzipiert werden, die während ihres gesamten Lebenszyklus Nahrung für natürliche Systeme bilden und ausschließlich biologisch abgebaut werden. Innovative Beispiele sind Häuser aus Hanf und T-Shirts aus Holz.

Beim „Design für Demontage und Wiederzusammenbau” geht es um die Wiederverwendung von Produkten, deren Komponenten und Materialien. Diese sollen leicht getrennt und wieder zusammengebaut werden können. Besonders wichtig ist diese Trennung bei Materialien, die in unterschiedliche Kreisläufe (biologische und technische) eingehen.
Relevant wird diese Designstrategie beispielsweise bei Möbeln oder Elektronikgeräten, wo Schrauben bisherige Klebstoff-Verbindungen ersetzen können.

Geschäftsmodelle zur Verlangsamung der Ressourcenkreisläufe

Beim „Zugangs- und Leistungsmodell” geht es um die Bereitstellung von Fähigkeiten oder Dienstleistungen, um die Bedürfnisse der Nutzer zu befriedigen, ohne dass sie die Produkte erwerben müssen. Sie nutzen sie “nur”. Service und Wartung werden vom Hersteller oder Einzelhändler gegen eine Gebühr pro Dienstleistungseinheit (Zeit, Anzahl der Nutzungen, Leistung) übernommen.
Hersteller können so höhere Gewinne durch Langlebigkeit, Energieeffizienz, Wiederverwendbarkeit und Reparierbarkeit erzielen. Nach Lebensende des Produkts kann der Restwert liquidiert oder in der eigenen Produktion wiederverwendet werden. Nutzer senken Kosten, wenn die Nutzung reduziert wird (z. B. Carsharing). Potenziell verringert sich zudem der Gesamtbedarf an physischen Gütern.

Bei der “Erweiterung des Produktwerts” steht die Nutzung des Restwerts von Produkten
im Mittelpunkt. Aufrüstbarkeit und Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Bedürfnisse sind hier ausschlaggebend. Materialkosten können so reduziert werden.
Der Hersteller kann dann ein erschwingliches „neuwertiges“ Produkt durch Wiederaufbereitung oder Reparatur alter Produkte oder durch andere Strategien zur Verlängerung der Produktlebensdauer liefern.
Das Geschäftsmodell umfasst Rücknahmesysteme (z. B. ein Pfandsystem bei Getränkeflaschen) und Kooperationen (z. B. mit Einzelhändlern, Logistikunternehmen und Sammelstellen). Heute wird dies im Bereich Elektronik von anderen Anbietern genutzt, so kauft zum Beispiel Green Panda Notebooks von Firmen auf und bietet sie dann aufbereitet seinen Kunden an.

Das „klassische Modell mit langer Lebensdauer und Förderung der Suffizienz” strebt
hochwertige, langlebige Produkte und einen hohen Servicegrad (z. B. Reparatur, Wartung) an.
Der Anschaffungspreis ist oft ein „Aufschlag“, der in der Regel die langfristigen Kosten für Service und Produktgarantie über die gesamte Lebensdauer des Produkts abdeckt.
Der Suffizienz-Ansatz zielt aktiv darauf ab, den Konsum des Kunden zu reduzieren. Dies wird beispielsweise durch einen nicht verbraucherorientierten Ansatz bei Werbung und Verkauf (z. B. kein Überverkauf, keine Verkaufsprovisionen für Angestellte, keine Sonderangebote) umgesetzt.

Geschäftsmodelle zur Schließung von Kreisläufen

In diesem Bereich wird zwischen zwei Ansätzen unterschieden.

Das Modell „Erweiterung des Ressourcenwerts“ orientiert auf die Sammlung oder Beschaffung von ansonsten „verschwendeten“ Materialien und Ressourcen, um diese neuen Formen der Wertschöpfung zu zuführen. Der Restwert von Ressourcen wird genutzt und so die Attraktivität des Produkts für bestimmte Kunden gesteigert (z. B. an Nachhaltigkeit orientierte Kunden). Gleichzeitig werden Materialkosten und der Gesamtpreis des Produkts gesenkt. Erforderlich ist, dass neue Kooperationen und Rücknahmesysteme für die Sammlung und Beschaffung von Materialien eingerichtet werden.

Die “Industrielle Symbiose” ist eine prozessorientierte Lösung, bei der Abfälle oder Nebenprodukte aus einem Prozess in Rohstoffe für einen anderen Prozess oder eine andere Produktlinie umgewandelt werden.
Ein Paradebeispiel für lokale industrielle Symbiose auf Prozess- und Fertigungsebene ist die „Kalundborg Symbiosis“ in Dänemark. In einem Industriegebiet teilen und nutzen 12 Unternehmen Abwasser, Abwärme und Materialien aus den anderen Unternehmen.

Bei der industriellen Symbiose werden also Ressourcen gemeinsam genutzt und wiederverwendet, dadurch Abfallmengen minimiert und Gesamtbetriebskosten (z. B. gemeinsame Nutzung kommunaler Dienstleistungen) und Risiken (z. B. Umweltauflagen) verringert. In der Schaffung neuer Geschäftszweige auf der Grundlage ehemaliger Abfallströme liegen zusätzliche Potentiale.

Im Kalundborg Beispiel haben die Unternehmen jährlich 635.000 Tonnen CO2 und 24,2 Millionen Euro betriebswirtschaftliche Kosten eingespart.

Während die industrielle Symbiose häufig auf der Prozess- und Fertigungsebene stattfindet und Unternehmen profitieren, die eng in einem geografischen Gebiet angesiedelt sind (z.B. Industriepark), findet die „Erweiterung des Ressourcenwerts“ häufig auf der Produktebene statt und kann über geografische Gebiete hinweg erfolgen.

Neuausrichtung

Entscheidend für die Transformation von Linearwirtschaft zu Kreislaufwirtschaft sind Geschäftsmodelle und Designstrategien und deren Ineinandergreifen.

Eine Herausforderung liegt darin, bereits auf Designebene und beim Entwurf von Geschäftsmodellen zu durchdenken, wie sich alle Elemente im Kreislaufsystem rückkoppeln lassen. Das ist umfassend, komplex und erfordert in vielen Bereichen eine Neuausrichtung.

Neuausrichtung zum einem im Denken: Die Nutzung von Dingen nimmt an Bedeutung zu. Konsum im klassischen Verständnis ändert sich. Eigentum und Besitz verschwimmen. Aus einer Produktionswirtschaft entsteht eine „performance economy“.

Neuausrichtung in Logistik und Management: Stoffströme müssen in der Kreislaufwirtschaft über den gesamten Lebenszyklus kontrolliert, Bedarfe und deren Deckung überwacht, Ab- und Umbau von Materialien koordiniert und die Begleitung, Pflege, Reinigung und Rückführung der Materialien organisiert werden.

All diese neuen Ausrichtungen sollten antizipiert werden und sich dann in den Geschäftsmodelle und Designstrategien widerspiegeln.

Hinzukommen Aspekte wie beispielsweise die Bestimmung der Materialzirkularität oder die Vermeidung des Rebound-Effekts auf Unternehmensebene. Diese klingen wie Randthemen, werden aber entscheidend sein für eine erfolgreiche Transformation.

Erfolg wird wohl auch von neuen Kompetenzen abhängen. Aus Erfahrung wissen wir, dass es dabei auf Expertenwissen allein nicht ankommt, sondern ein Wirkungsmodell notwendig ist, das auf Ziel, Regulatorik, Strategie, Methoden und Kommunikation und deren Wirkung untereinander fokussiert.

Die Investmentgesellschaft Blackrock hat 2009 in Partnerschaft mit der Ellen MacArthur Foundation – einer Vordenker NGO im Bereich Kreislaufwirtschaft – einen Circular Economy Fund aufgelegt.
Auch wenn Blackrock in vielerlei Hinsicht kritisiert werden kann, so ist dieser Schritt ein klares Signal, dass die Kreislaufwirtschaft von „alternativen“ Kreisen nun in der Mainstream-Wirtschaft ankommt.

Der Circular Economy Fund sucht gezielt nach Unternehmen, die beispielsweise „Wegbereiter“ oder „Anpasser“ im Hinblick auf zirkuläres Wirtschaften sind.

Wir fragen uns: Wer wollen Sie sein? Wo stehen Sie jetzt? Wo wollen Sie hin?

Wir holen Sie ab!

Für weitere Fragen und Praxisbeispiele steht Ihnen unsere Expertin Bettina Schlüter (mail to: bettina.schlueter@unoino.de) zur Verfügung.

You know I know – UNO INO